Über uns Every face has a story: Meet Nardos

“Hallo, wie gehts?” Da ist es wieder, dieses typische, warme und etwas verlegene Nardos-Lächeln, das sie eigentlich immer überall mit hin nimmt. Seit gut zwei Jahren arbeitet Nardos mittlerweile bei Valeriana. Wir dachten also, dass es absolut an der Zeit ist, dass auch du sie kennenlernst!

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Als wir Nardos zum Gespräch einladen, sagt sie sofort zu. Gekommen ist sie dann trotzdem erst zwei Wochen später als geplant. Nicht, weil es ihr nicht wichtig wäre, sondern weil sie viel arbeitet - bei Valeriana und im Haarsalon, den sie zusammen mit ihrem Ehemann in der Nähe der Langstrasse betreibt. Das macht selbst eine Nardos, die eigentlich sehr gerne redet, manchmal zu müde dazu. Als sie dann zum Gespräch erscheint ist sie dafür wieder komplett da: diese ansteckende, aufgeweckte Energie! Die Fragen hatte sie vorher schon bekommen und sie, mit Notizen versehen, mitgebracht. Obwohl sie letztendlich fast kaum darauf zurückgreift. Das Gespräch nimmt schnell seinen eigenen, organischen Lauf.

Beginnen wir am Anfang: “Wann und wo bist du geboren?” Nardos überlegt kurz, bis sie die richtige Zahl gefunden hat: “1992. In Asmara, der Hauptstadt von Eritrea.” Dort hat sie mit ihren Eltern und ihren drei Geschwistern die ersten Jahre ihres Lebens verbracht. Ihre Familie lebt immer noch dort. Nardos als Einzige in der Schweiz. Ob sie ihre Familie öfter schon besucht hat, seitdem sie hier ist? “Nein.” Nein? “Nein, ich kann nicht. Die politische Lage ist sehr schwierig in Eritrea. Ich kann nicht einfach zurückgehen.” Also erzählt Nardos, was genau schwierig ist. Sie erzählt von einem Präsidenten, der bereits so lange im Amt ist, wie sie auf dieser Welt. Und sie erzählt von den gewaltvollen Konflikten mit anderen Ländern und was das für die Bevölkerung bedeutet. “Wenn du 20, 21 bist, musst du ins Militär gehen. Es gibt keine zeitliche Begrenzung, manche bleiben im Militär bis sie alt sind und irgendwann nicht mehr können. Männer müssen gehen, Frauen auch. Manchmal gibt es Ausnahmen, wenn eine Frau Kinder hat und verheiratet ist. Aber nicht immer. Manchmal muss sie trotzdem gehen. Es gibt einfach keine Freiheit in Eritrea. Auch nicht bei der Religion. Wenn ich in Eritrea über meinen Gott rede, dann komme ich ins Gefängnis. Deshalb habe ich mein Land verlassen als ich 16 war.”

Sechzehn. Wie sah dein Leben aus mit 16? Kannst du dich noch daran erinnern? Was hat dich damals beschäftigt, bewegt?

Nardos' Leben spielte sich in einem äthiopischen Flüchtlingslager ab. Vier Jahre ist sie dort. Immer wieder werden Menschen ausgeflogen, nach Kanada zum Beispiel, doch bis es so weit ist, können Jahre vergehen. Also setzt Nardos ihre Reise fort. Durch insgesamt fünf Länder und übers Meer - ja, genau in einem von den Booten, die wir aus den Nachrichten kennen. Nur dass Nardos’ Boot nicht untergegangen ist. Sie hat es geschafft. 

2014 erreicht sie Lausanne, seit 2018 ist sie nun in Zürich. Hier hat sie gefunden, was sie auf der anderen Seite des Meeres vermisst hat: “In der Schweiz sind die Menschen frei. Hier kann ich nachts alleine durch die Strassen laufen, ohne Angst zu haben. Ich kann meinen Glauben leben, ohne ins Gefängnis zu kommen. Ich liebe die Schweiz. Das Land hat mir eine Chance gegeben, eine Identität.”

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Auf der Suche nach Arbeit wurde ihr Valeriana empfohlen. Zusammen mit einer Freundin hat sie sich 2019 bei uns beworben, seitdem arbeiten die beiden mit uns. “Ich habe viel Respekt für Valeriana. Valeriana ist super. Ich kann Deutsch lernen und habe tolle Kunden!” Besonders erinnert Nardos sich an ihre erste Kundin Melanie: “So eine liebe Frau. Sehr freundlich. Manchmal hat sie mir sogar bei meiner Arbeit geholfen. Und sie hat viel geteilt, auch Kleidung zum Beispiel.” Nachdem Melanie ausgewandert ist, standen sie weiterhin in Kontakt, haben sich gelegentlich geschrieben. Dann hat Nardos ihre Nummer gewechselt und die von Melanie war weg. Auf die Frage, ob sie ihre Nummer gerne wieder hätte, sagt sie: “Wenn Melanie nach zwei Jahren zurückkommt: sie weiss, wo ich wohne - ich würde mich freuen, sie wiederzusehen” und lächelt dabei. Nardos nimmt das Leben wie es kommt und sie weiss, dass ein Mensch niemals wirklich weg ist, nur weil er gerade nicht da ist. Mit ihrer Familie geht es ihr schliesslich genauso. Ob sie jemals wieder zurück möchte nach Eritrea? “Ich würde schon gerne mein Haus, meine Stadt, meine Familie wiedersehen. Ich würde dem Land gerne irgendwann eine zweite Chance geben können.” Eine zweite Chance, wie auch die Schweiz eine zweite Chance für sie war.

Wir danken dir herzlich für deine Zeit und deine Offenheit, liebe Nardos. Wir sind froh, dich in unserem Team zu haben und wünschen dir nur das Beste für deine Zukunft!

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